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BondGuide: reconcept GEAB II - Windpark Hilpensberg - bereits seit 2017 zuverlässige und planbare Erträge

BondGuide: Herr Reetz, reconcept tritt mit Green Energy Asset Bond II – Windpark Hilpensberg an den Markt – was verbirgt sich hinter dieser neuen Anleihe?

Reetz: Der wesentliche Unterschied zu unseren bisherigen Unternehmensanleihen liegt im Begriff ‚Asset‘. Es handelt sich um eine grüne Projektanleihe, die den Erwerb und Betrieb eines bestehenden Windparks in der Nähe des Bodensees finanziert. Interessierte Anleger können sich somit mittelbar über das Wertpapier an bereits seit 2017 produzierenden Windenergieanlagen beteiligen.

BondGuide: …und die Nummerierung deutet bereits an, dass es womöglich weitere konkrete Asset-Wertpapiere aus dem Hause reconcept geben könnte?

Reetz: Ja, das können wir uns sehr gut vorstellen, weil wir bereits gute Erfahrungen damit gemacht haben und der Bedarf weiter zunehmen wird. Dies können Windparks und Solarparks, aber auch Wasserkraftprojekte sein.

BondGuide: Was qualifiziert den Windpark in Hilpensberg genau, dass Sie ihn jetzt für ein depotfähiges und börsennotiertes Wertpapier auserkoren haben?

Reetz: Das ist eine Kombination aus mehreren Faktoren: Erstens herrschen an dem Standort sehr gute Windverhältnisse; zweitens ist er auf dem neuesten Stand der Technik; schließlich drittens ist diese Kombination gepaart mit einer attraktiven jährlichen Vergütung aus EEG-Tarif und Direktvermarktung. Und ganz wichtig: Der Windpark ist schon am Netz, generiert also bereits zuverlässig Erträge. Die technische Verfügbarkeit lag in den vergangenen Jahren bei durchschnittlich 99%. Hilpensberg ist also ein bestehendes Projekt und nicht etwa eine Projektentwicklung.

BondGuide: D.h. die Erträge aus der Tarifvergütung sind dergestalt, dass die Anleihezinsen daraus bedient werden?

Reetz: Absolut. Unser Windpark Hilpensberg erwirtschaftet berechen- und planbare Erträge. Zur Orientierung: Wir kalkulieren mit einer jährlichen Vergütung für 2022 von 2,0 Mio. EUR, für 2023 bis 2026 von 1,7 Mio. EUR und anteilig für das 1. Halbjahr 2027 von 0,9 Mio. EUR. Auch nach Abzug der Betriebskosten werden wir die Anleihezinsen von maximal 0,4 Mio. EUR p.a. sehr komfortabel bedienen können.

BondGuide: Von der Politik gibt es seit der Bundestagswahl im wahrsten Sinne Rückenwind; mit dem Ukraine-Konflikt sogar umso mehr, könnte er doch bedeuten, dass man den Energiewandel beschleunigen muss. Wie schätzen Sie als Experte die neue Situation ein?

Reetz: Mehr Tempo beim Ausbau der Erneuerbaren Energien ist zweifelsfrei notwendig. Jetzt ist wirklich jedem klar geworden, dass unsere bisherige Energieabhängigkeit von fossilen Quellen keine Zukunft mehr hat – das betrifft sowohl die Energieträger selbst als auch die Länder, aus denen wir bisher Erdgas, Öl oder Kohle bezogen haben. Wenn es nach Wirtschafts- und Klimaschutzminister Habeck allein ginge, würde der notwendige Umbruch in Deutschlands Energieversorgung schnellstmöglich in die Wege geleitet werden. Wenn die Politik den Umbruch wirklich will, muss sich der Rahmen dafür schleunigst ändern, damit der Zubau an Wind- und Solarenergie tatsächlich auch im erforderlichen Ausmaß erfolgen kann.

BondGuide: Ist der gesellschaftliche Konsens dafür nun vorhanden – vorher galt doch: Schön und gut, aber ‚NIMBY‘?

Reetz: Not in my Back Yard ist bei Windrädern ein bekanntes Phänomen. Bei Umfragen befürworten sicherlich 80% der Bürger Windkraft, aber ganz in der Nähe möchte dann doch niemand ein Windrad sehen, nicht im eigenen Hintergarten. Diese Vorbehalte können und müssen überwunden werden.

BondGuide: Hat Herr Habeck seine Rechnung mit dem Primus inter Pares in Bayern gemacht?

Reetz: Wenn Herr Habeck die große Linie vorgibt, sind die Möglichkeiten von Herrn Söder künftig deutlich eingeschränkt. Bayern hat in der Vergangenheit bei Erneuerbaren Energien öfter Sonderwege beschritten und z.B. schwerpunktmäßig auf Solar gesetzt. Fairerweise muss man sagen, dass sich ein flaches Bundesland wie Schleswig-Holstein deutlich besser eignet für die Nutzung von Windkraft als ein hügeliges Land wie Bayern –Stichwort sind hier die Windströmungsverhältnisse: Man stellt eine Windanlage schließlich nicht in ein Tal, daher sind die geeigneten Grundflächen begrenzt. Eine Solaranlage funktioniert dagegen auch an einem Berghang gut, zumindest mit gewisser Südausrichtung.

BondGuide: Was würden Sie sich wünschen, damit der Energiewandel nicht nur vonstatten, sondern möglichst rasch über die Bühne geht oder jetzt wenigstens planbar in die Wege geleitet wird?

Reetz: Die stufenweise Abschaffung bzw. Reduzierung der EEG-Umlage läuft seit rund zwei Jahrzehnten. Damit sinkt die Belastung für Haushalte. Wir sehen z.B. in Skandinavien, dass Windparks dort komplett zu Marktpreisen funktionieren – ohne jede Förderung. Deutschland wird sich ebenfalls dahin entwickeln, während die Technologie weiter fortschreitet. Die großen Energieversorger schätzen dies offenbar genauso ein, bringen sie sich doch gerade in Stellung mit Power Purchase Agreements, also mit Stromabnahmeverträgen für z.B. zehn Jahre. Auch dies ist in Skandinavien gang und gebe und wird meines Erachtens weltweit nicht mehr zu stoppen sein. Insofern sind die Weichen gestellt. In punkto Genehmigungen für einen schnellen Zubau müssen wir jetzt nachziehen, also genau, was Herr Habeck in Aussicht gestellt hat. Vor allem braucht es aber mehr Flächen für Windenergie.

BondGuide: Gibt es denn im Bereich Windkraft noch technologische Innovationen, etwa wie in der Chip-Industrie alle zwei Jahre eine Verdopplung der Leistung?

Reetz: Die gibt es – aber nicht wie in der Chip-Industrie. Vor zwei Jahrzehnten wurden Windkraftanlagen mit 1 MW aufgestellt, heute sind wir bei 6 MW und einer Höhe von bis zu 280 Metern statt 120 Metern an der Spitze des Rotorblatts. Mittlerweile wird schon an 8 bis 10 MW pro Turbine geforscht. Ferner kommt hinzu, dass man an bereits genutzten Standorten eine Substitution durchführen kann, d. h.: Mehrere alte Anlagen mit 1 bis 2 MW können am gleichen Standort allein durch eine neue 5- bis 6-MW-Anlage ersetzt werden. Wo früher vielleicht zehn Windräder standen, werden es künftig nur noch zwei oder drei sein, die sogar mehr Strom produzieren. Das nenne ich technologischen Fortschritt.

BondGuide: Herr Reetz, das verspricht ja spannende Zeiten zu werden – einmal mehr ganz herzlichen Dank für Ihre Zeit und die neuerlichen Erläuterungen!

Das Interview erschien erstmals am 5. April 2022 auf bondguide.de