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Bond Magazine: Interview mit reconcept-Chef Karsten Reetz

„Allein aus unserer Pipeline in Finnland erwarten wir bis 2026 anteilige Verkaufserlöse im niedrigen zweistelligen Millionenbereich“, Karsten Reetz, reconcept GmbH

Die reconcept GmbH, ein Anbieter und Asset-Manager nachhaltiger Geldanlagen sowie Projektentwickler im Bereich erneuerbare Energien, begibt eine grüne Anleihe im Volumen von bis zu 10 Mio. Euro, die eine Laufzeit von 5 Jahren und einen Kupon von 6,75% p.a. hat (ISIN DE000A289R82). Interessierte Anleger können den „reconcept Green Bond I“ via Kauforder am Börsenplatz Frankfurt zeichnen. Zusätzlich sind Zeichnungen auch über die reconcept GmbH (www.reconcept.de/ir) und über die Crowdinvesting-Plattform Econeers
möglich. Die Mittel aus der Anleiheemission sollen u.a. für das weitere Wachstum und Umfinanzierungen genutzt werden. Allein aus der Projektpipeline in Finnland erwartet die Gesellschaft bis 2026 anteilige Verkaufserlöse im niedrigen zweistelligen Millionenbereich, wie der Geschäftsführende Gesellschafter Karten Reetz im Gespräch mit GREEN BONDS erläutert.


GREEN BONDS: In welchen Bereichen ist reconcept tätig?

Reetz: reconcept ist als Anbieter und Asset-Manager nachhaltiger Geldanlagen sowie als Projektentwickler im Bereich erneuerbare Energien tätig. Wir realisieren Photovoltaik-, Wind- und Wasserkraftwerke im In- und Ausland. Der Schwerpunkt liegt aktuell auf Windkraft in Finnland, Gezeitenkraft in Kanada und Photovoltaik auf Zypern.

GREEN BONDS: Wie wollen Sie das Kapital aus der Anleiheemission verwenden?

Reetz: Mindestens 50% des Emissionserlöses dienen dazu, als Unternehmen weiter zu wachsen und dafür unser internationales Engagement konsequent auszubauen. Zu diesem Zweck erweitern wir unsere Projektpipeline in Kanada, Finnland und auf Zypern und erschließen neue Märkte. Zudem werden wir unsere Windkraftprojektplanung auf weitere Länder Skandinaviens sowie auf das Baltikum ausweiten. Für unsere innovative Meeresenergietechnologie sondieren wir weitere Projektstandorte. Maximal 50% der zufließenden Mittel sollen dazu verwendet werden, bisherige externe Finanzierungen abzulösen oder diese innerhalb der reconcept Gruppe umzufinanzieren.

GREEN BONDS: 10 Mio. Euro sind in der Branche nicht viel. Wie weit werden die Projekte entwickelt?

Reetz: Wir agieren immer sehr zielgerichtet und stets mit Augenmaß. Mit 10 Mio. Euro könnten wir unsere Unternehmens- und Geschäftsentwicklung bereits deutlich vorantreiben. Denn in der Projektentwicklung, die bei uns in der Regel bis zur Baureife dauert, kalkulieren wir mit Kosten von ca. 250 bis 500 Tausend Euro pro Projekt. Unsere gut gefüllte, werthaltige Projektpipeline könnten wir damit also zu einem signifikanten Teil beziehungsweise noch umfangreicher und schneller realisieren.

GREEN BONDS: Sie hatten im letzten Jahr ein außerordentliches Ergebnis erzielt. Was ist der Hintergrund?

Reetz: 2019 hat unser finnisches Joint-Venture Tuulialfa Oy die ersten zwei Windparks für anteilig 7,8 Mio. Euro nach Steuern verkauft. Mit den daraus resultierenden Zahlungen war die mehrjährige Vorfinanzierungsphase erfolgreich abgeschlossen. Vor diesem Hintergrund und mit Blick auf die umfangreiche Projektpipeline sowie die mögliche Erweiterung der gemeinschaftlichen Aktivitäten innerhalb Skandinaviens und auf das Baltikum haben wir beschlossen, uns in diesem Wachstumsmarkt neu zu strukturieren. Deshalb haben wir unsere 50-prozentige Beteiligung am Joint-Venture an unsere 100-prozentige Tochtergesellschaft reconcept Finnland GmbH verkauft, die als Zwischen- und Landesholding fungiert. Durch den Verkauf haben wir 2019 in der reconcept GmbH einen Ertrag von 10,89 Mio. Euro erzielt.

GREEN BONDS: Weshalb veröffentlichen Sie keine Konzernbilanz?

Reetz: Zum einen sind wir von der Pflicht zur Aufstellung eines Konzernabschlusses befreit, da wir als kleine Kapitalgesellschaft die erforderlichen größenabhängigen Merkmale erfüllen. Zum anderen ist unsere Gruppenstruktur stark geprägt durch unsere Tätigkeit als Emittent nachhaltiger Geldanlagen und Projektentwickler. Viele Assets liegen dementsprechend auch in Projektgesellschaften, die ohnehin nicht Teil einer Konzernbilanz wären. Entsprechend mussten wir abwägen, welchen informativen Mehrwert eine Konzernbilanz für unsere Investoren hätte und welcher Aufwand in unserem Unternehmen ausgelöst worden wäre.

GREEN BONDS: In welchen Regionen wollen Sie Projekte realisieren und welche Projekte wollen Sie genau realisieren?

Reetz: Wir konzentrieren uns zuerst einmal ganz stark auf die Länder und Technologien, wo wir über langjährige Kompetenz verfügen. Das sind vor allem weiterhin Finnland und Kanada. Das finnische Joint-Venture ist das wirtschaftliche Kernstück unserer Gruppe. Wir verfügen dort über eine sehr werthaltige Pipeline mit ca. 300 Windenergieanlagen und einer geplanten Nennleistung von ca. 1.800 Megawatt, die wir konsequent realisieren werden. Kanada ist der weltweit zweitgrößte Stromproduzent aus Wasserkraft, nutzt aber erst rund 34% seines gesamten Wasserkraftpotenzials. Nach zwei Flusslaufkraftwerken und einem Windpark konzentrieren wir uns dort verstärkt auf Gezeitenkraftwerke. Aktuell projektieren wir drei schwimmende Gezeitenströmungskraftwerke im Trimaran-Design – genannt FORCE 1. Und das ist nur der Anfang, denn FORCE 2, 3 und 4 sind bereits in Vorbereitung.

Neben Finnland und Kanada planen wir derzeit auch Solarparks auf der Sonneninsel Zypern, das als EU-Mitglied hohe Rechtssicherheit und mit mehr als 340 Sonnentagen im Jahr ideale Voraussetzungen für die Solarenergienutzung bietet. In Norwegen, Schweden und auf dem Baltikum sehen wir erhebliches Potenzial im Windenergiebereich. In Südostasien sondieren wir über unseren Kooperationspartner Sustainable Marine Energy Einsatzgebiete für schwimmende Gezeitenkraftwerke.

GREEN BONDS: Weshalb haben Sie kein Rating und kein Research in Auftrag gegeben?

Reetz: Grundsätzlich halten wir beide Instrumente für interessante Optionen – insbesondere für die Zukunft. Wir möchten uns am Kapitalmarkt Schritt für Schritt entwickeln. Bei einer Emission von 10 Mio. Euro, die ja vergleichsweise klein gehalten ist, muss man natürlich auch auf die Kosten schauen – neben dem wichtigsten Aspekt, was Investoren für ihre Entscheidungsfindung benötigen.

GREEN BONDS: Wann und in welcher Höhe könnten die Projekte umsatzwirksam werden und welchen Ergebnisbeitrag könnten Sie damit erzielen?

Reetz: Wir haben eine umfangreiche und detaillierte Prognose der erzielbaren Verkaufswerte und Ertragsbeiträge erstellt, die auch durch einen unabhängigen Wirtschaftsprüfer plausibilisiert wurde. Unsere Pipeline in Finnland umfasst ca. 300 Windenergieanlagen mit einer geplanten Nennleistung von rund 1.800 Megawatt. Allein daraus erwarten wir – gemessen am derzeitigen Entwicklungsstatus – anteilige Verkaufserlöse im niedrigen zweistelligen Millionenbereich bis 2026. Unsere Ertragsplanung für die nächsten Jahre basiert im Wesentlichen auf in unterschiedlichen Stadien in der Entwicklung befindlichen Projekten des finnischen Joint-Ventures, die um weitere schon identifizierte Projekte in einer größeren Pipeline ergänzt werden. Wir sind mit unserer Pipeline inzwischen so breit aufgestellt, dass wir daraus – auch entgegen den sonst üblichen Erlösschwankungen eines Projektentwicklers – eine deutliche Verstetigung der Mittelrückflüsse erwarten. Das war für uns eine wichtige Voraussetzung für eine Anleihebegebung.

GREEN BONDS: Wo sehen Sie reconcept am Laufzeitende der Anleihe – in 5 Jahren?

Reetz: Wir werden unsere zielgerichtete Internationalisierung mit Schwerpunkt auf Neuprojekten in Finnland und Kanada konsequent fortsetzen. Gleichzeitig planen wir, die Realisierung innovativer Technologien insbesondere im Bereich Meeresenergie über Joint-Ventures und Technologiepartner unter unserer Projektüberwachung weiter voranzutreiben. Durch unsere hohen geografischen und technologischen Diversifikationen wollen wir weiterhin vom langfristig anhaltenden Wachstum der erneuerbaren Energien profitieren. Im Ergebnis erwarten wir, durch diese Maßnahmen unsere Marktposition in den kommenden Jahren nachhaltig ausbauen und uns auch am Kapitalmarkt dauerhaft etablieren zu können – in meinem Szenario als Erfolgsstory als Emittent von renditestarken Green Bonds.

GREEN BONDS: Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Christian Schiffmacher, www.green-bonds.com 
Foto: Karsten Reetz © reconcept

Eckdaten des reconcept Green Bond I