Der deutsche Solarmarkt boomt – doch ohne leistungsfähige Speicher ist keine Energiewende möglich. reconcept-Geschäftsführer Karsten Reetz erklärt, warum integrierte Lösungen mit Batteriespeichern jetzt das Gebot der Stunde sind – und welche Chancen sich für Anleger eröffnen.
Deutschland ist der größte Solarmarkt Europas, mit knapp 100 GW installierter Leistung (Ende 2024), selbst die sonnenverwöhnten EU-Südstaaten kommen bis dato an diesen Ausbau nicht heran (Spanien: 46,7 GW, Italien: 36,2 GW). Und das gesetzlich festgelegte Ziel, die Stromproduktion in Deutschland bis 2030 zu 80 Prozent aus Erneuerbaren Energien (EE) zu gewährleisten, wird den Solarboom weiter antreiben – auch als Antwort auf die zunehmende Elektrifizierung von Mobilität, Industrie und Digitalisierung und dem damit verbundenen Anstieg des Strombedarfs. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) geht davon aus, dass der Bruttostromverbrauch von derzeit etwa 510 auf 750 TWh im Jahr 2030 steigen wird.
Mit der rasant ansteigenden Anzahl von EE-Anlagen bei gleichzeitigem Rückbau der fossilen Kraftwerke steigt auch der Bedarf an Speichern, insbesondere Batteriegroßspeicher werden benötigt, um Erneuerbare Energien effizienter zu nutzen. Mittels dieser Technologie können wir grüne Energie, gewonnen aus Wind und Sonne, rund um die Uhr nutzbar machen.
Unsere Stromnetze stehen aktuell durch den verstärkten Ausbau von Solar- und Windenergie vor der Herausforderung, fluktuierende Einspeisungen auszugleichen. Denn Strom aus Erneuerbaren Energien schwankt, je nach Wetterlage und Tageszeit. Schnell reagierende Speichersysteme können hier für die nötige Flexibilität im Strommarkt sorgen. Sie speichern überschüssigen Strom aus Erneuerbaren Energien und stellen ihn genau dann bereit, wenn er gebraucht wird – für Unternehmen, Haushalte und eine immer digitalere Gesellschaft. Gleichzeitig entlasten sie das Stromnetz und helfen, grüne Energie noch effizienter zu nutzen.
Mythos Blackout-Gefahr durch zu viel Sonne
Die Debatte um die Stabilität des Stromnetzes in Zeiten eines wachsenden Anteils Erneuerbarer Energien erhitzt immer wieder die Gemüter. Dabei im Fokus: Photovoltaikanlagen, die an sonnigen Tagen immense Mengen Strom ins Netz einspeisen. Medienberichte warnten zuletzt vor einer möglichen Netzüberlastung an Feiertagen im Frühling und Sommer. Doch dieses Szenario ist unrealistisch. Bereits seit 2012 bestehen Mechanismen zur Netzstabilisierung, die in den letzten Jahren weiterentwickelt wurden, und für eine zuverlässige Anpassung des Stromangebots an die Nachfrage sorgen. So werden Photovoltaikanlagen in Deutschland bei Frequenzüberschreitungen nicht einfach abgeschaltet, sondern ihre Einspeiseleistung wird durch moderne Wechselrichter stufenlos reduziert.
Darüber hinaus stabilisieren Batteriespeicher die schwankende Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen und gewährleisten so die Versorgungssicherheit. In Summe stehen in Deutschland mehr als 10 Gigawatt (GW) Speicherkapazität zur Verfügung, die flexibel einsetzbar sind und Schwankungen im Netz abfangen können. Damit sind sowohl dezentrale Heimspeicher als auch große Netzspeicher in der Lage, das Stromnetz aktiv zu unterstützen. Dies ist seit dem neuen Solarspitzengesetz zudem auch wirtschaftlich interessant, denn inzwischen kann Solarstrom auch nach einer Zwischenspeicherung mit Förderung ins Netz eingespeist werden.
Batteriespeicher sind das Rückgrat der Energiewende
Insbesondere Batteriegroßspeicher gewinnen an Relevanz: Diese Speicher zeichnen sich durch eine hohe Effizienz von über 90 Prozent aus und können in Sekundenbruchteilen die volle Leistung erbringen. Dadurch können sie kurzfristige Lastspitzen im Netz ausgleichen und die Netzstabilität verbessern.
Bei der Integration von Speichern wird dabei grundsätzlich zwischen „Behind-the-meter-Anlagen“ und „Front-of-the-meter“-Anlagen unterschieden. Anwendungen Behind-the-meter sind beispielsweise Photovoltaik-Heimspeicher sowie Gewerbe- und Industriespeicher zur Eigenstromversorgung. Front-of-the-meter-Anwendungen unterteilen sich in „Stand-alone“-Anlagen, die als Netzspeicher am Strommarkt teilnehmen, und in Großspeicher, die in Solar- und Windparks integriert sind.
Die sogenannten PV-Batterie-Kraftwerke, also die Kombination von Photovoltaik-(PV)-Solarsystemen und Batterieenergiespeichersystemen (BESS), können bedarfsgerecht und planbar Solarstrom einspeisen. Auch reconcept setzt neben Stand-alone-Speichern vor allem auf integrierte Lösungen bei der Entwicklung von Photovoltaik-Freiflächenanlagen.
Der Einsatz von Großspeichern in Solarparks hat technische wie auch wirtschaftliche Vorteile:
Deutschland setzt auf den massiven Ausbau von Batteriegroßspeichern
PV-Heimspeicher sowie Batteriespeicher für Industrie und Gewerbe machen aktuell noch den Hauptteil der Batteriekapazität auf dem deutschen Markt aus. Sie bleiben ein wachsendes Segment, auch unterstützt durch Förderprogramme wie die Bundesförderung für Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft sowie Steuervorteile für Investitionen in CO2-arme Technologien.
Marktanalysen sehen allerdings bedeutendere Wachstumsraten für Batteriegroßspeicher: Angetrieben von der Energiewende, den Strompreisen und den Herausforderungen zur Frequenzregelung und Netzstabilität gehen Prognosen von einer jährlichen Wachstumsrate der Neuinstallationen von 31 Prozent bis zum Jahr 2032 aus.
Die Bedeutung von Großspeichern wird auch in einer aktuellen Marktanalyse des Beratungsunternehmens Enervis im Auftrag des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW-Solar) unterstrichen. In nur zwei Jahren – bis 2026 könnten sich die Speicher-Kapazitäten in Deutschland verfünffachen, von derzeit 1,8 Gigawattstunden (GWh) auf voraussichtlich rund 9 GWh.Der Aufbau einer Batteriegroßspeicher-Infrastruktur ist für Experten von entscheidender Bedeutung, damit die Energiewende gelingt. „Man kann absolut von einem Boom sprechen, was Batteriespeicher angeht – auch die Großspeicher“, erklärte beispielsweise Claudia Kemfert, Energieexpertin beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Das liege daran, dass die Preise für die Akkus deutlich gesunken sind und sich die Lebenszeit gleichzeitig verlängert habe.
Energieparks, in denen sich Wind- und Solarstrom zusammen mit Batterielösungen konsequent ergänzen, gewinnen zunehmend an Bedeutung. Diese Hybridkraftwerke ermöglichen eine effiziente Nutzung der Netzanschlusspunkte und der Energieinfrastruktur und gewährleisten eine verbrauchsorientierte Einspeisung. In Deutschland werden Hybridkraftwerke durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) gefördert, in der letzten Innovationsausschreibung wurden dabei bis Höchstwerte bis von 9,18 Cent pro Kilowattstunde erreicht. Hybridkraftwerke haben zudem einen Synergievorteil:. Durch die gemeinsame Nutzung der Netzanschlusspunkte (NVP) und verkürzte Genehmigungsverfahren sinken die Kosten gegenüber der Errichtung einzelner Anlagen.
Eine neue Studie des Fraunhofer Instituts im Auftrag des Bundesverbands Erneuerbare Energie e.V. (BEE) kommt zu dem Ergebnis, dass sich durch die gemeinsame Nutzung von NVP grüner Strom im zweistelligen Gigabereich integrieren ließe – ohne den Neubau von Netzinfrastruktur.
Energiespeicher sind nicht nur eine technische, sondern auch eine wirtschaftliche Chance
Die Zukunft der Energiewirtschaft ist erneuerbar – und speicherbasiert. Wer in Photovoltaik und Batteriegroßspeicher investiert, profitiert doppelt: durch attraktive Erlöse aus Direktvermarktung und Arbitrage sowie durch langfristige Wertschöpfung in einem stark wachsenden Markt. Hybrid- und Batteriespeicherkraftwerke bieten Anlegern die Möglichkeit, aktiv an der Energiewende teilzuhaben und die Chance auf langfristiges Renditepotenzial.
Dieser Artikel erschien im Juni 2025 in der BondGuide-Jahresausgabe „Green & Sustainable Finance 2025“